ZEITUNG IN DER SCHULE | Samstag, 27. Oktober 2001 |
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Auch in BSE-Zeiten ist auf ungarisches Gulasch Verlass
Schüler aus Gyönk bekommen ein schriftliches Interview mit dem Landwirtschaftsministerium/Bislang keine Verdachtsfälle
BSE Ein Virus machte Schlagzeilen und forderte vor allem in den EU-Ländern ununterbrochen seine Opfer. Die Symptome sind bekannt; es besteht die Gefahr, dass die Krankheit auf den Menschen übertragbar ist. Verbraucher fürchteten den Verzehr von Rindfleisch. Monate nach den Skandalen sind die Schlagzeilen verschwunden. Trotzdem ist und bleibt BSE ein Thema.
BSE wurde zuerst im Vereinigten Königreich im Jahre 1986 nachgewiesen. Zahlreiche Fälle sind seither auch in anderen EU-Ländern aufgetreten. Und in Ungarn? Wir befragten unser Landwirtschaftsministerium für ZIS. Wir erhielten eine schriftliche Antwort, die wir hier zusammenfassen.
In Ungarn hat sich bisher weder die Krankheit noch ein Verdacht auf diese gezeigt, aber es sind schon eine Reihe von Vorsorge-Maßnahmen in Kraft getreten. Nachdem die EU aus Angst vor dem BSE-Virus bereits 60 Prozent ihres Rindfleischexports einbüßte und obwohl bei ungarischen Rindern noch keine Erkrankungen registriert wurden, müssen die ungarischen Bauern trotzdem aufmerksam sein und können keinesfalls die Hände in den Schoß legen und abwarten, was passieren wird.
Schon seit zehn Jahren werden in Ungarn Gewebetests durchgeführt, aber bisher war das Ergebnis in jedem Fall negativ. Es wird nach Vorschrift das Hirn der an einer Krankheit des Nervensystems verendeten Wiederkäuer auf BSE untersucht. Außerdem werden sowohl die für das Schlachten ausgesonderten Tiere, als auch die über dreijährigen Rinder und die über zweijährigen Schafe, die aus anderen Gründen verendet sind, stichprobenartig getestet. Zurzeit kennt man noch keine Methode, mit der man durch Fleisch-Analyse feststellen könnte, ob das Fleisch von einem mit BSE infizierten Rind kommt. Die von der EU anerkannten Prionteste machen die Untersuchungen nur am Gehirn der verendeten oder geschlachteten Tiere möglich. Deswegen will Ungarn danach streben, dass nur solche Tiere ins Land exportiert werden können, die vorher mit negativem Ergebnis einem Priontest unterzogen wurden, schreibt Laura Herpay aus dem ungarischen Ministerium für Landwirtschaft.
Bisher hat die EU ihre Beitrittskandidaten nicht auf BSE- Reihenuntersuchungen hin verpflichtet, aber die Fachleute haben keinen Zweifel, dass die Untersuchung, die in der EU 30 Euro pro Test kostet, früher oder später auch in Ungarn obligatorisch wird, obwohl zum jetzigen Zeitpunkt Ungarn symptomfrei ist.
Wie kann man die Krankheit stoppen? Das Virus wird über Futter verbreitet. Deshalb wurde in den letzten Monaten auch die Produktion von aus Fleischmehl hergestelltem Futter verboten. Doch in Ungarn war es nie eine übliche Methode, Rinder mit Eiweiß aus tierischen Quellen zu füttern. Vielmehr wird hier Getreide verfüttert, wie zum Beispiel Soja, das viel Eiweiß enthält und das Futter mit Fleischmehlgehalt ersetzen kann. Eine geschützte Rinderart ist in Ungarn das Graurind, das zumeist in der Tiefebene (auf der Puszta) gezüchtet wird. Es wird das ganze Jahr über im Freien gehalten und bekommt kein künstliches Futter, so erhält der Landwirt 100 Prozent Biofleisch, das vor allem ins Ausland exportiert wird.
Die Vorschrift der Gesundheitsbehörde verbietet es in Ungarn, Eiweiß- Ergänzungen aus Tiermehl an Wiederkäuer zu verfüttern. Zu den Maßnahmen, die die Krankheit verhindern sollen, gehört auch, dass das Landwirtschaftsministerium sogar bis Ende des Jahres 2000 den Import der Fleischarten und Futterlösungen verboten hat, die für die Verbreitung der Krankheiten verantwortlich sind. Alle Futterimporte werden im Labor getestet, ob sie Eiweiß von Wiederkäuern enthalten.
Für Ungarn kann man also sagen, dass die von der Internationalen Tiergesundheitsbehörde verlangten Anforderungen an die symptomfreien Länder erfüllt werden. Ungarn hat zwar auch einen bedeutenden Rinderbestand, aber viel größer ist hier der Verzehr von Schweinefleisch. In den Dörfern und überhaupt auf dem Lande ernähren sich die Menschen von den selbst gezogenen und selbst geschlachteten Tieren; viele Haushalte sind Selbstversorger. Das Schweineschlachten hat dabei eine lange Tradition. Und jede Familie hat dabei die eigenen, seit vielen Generationen überlieferten Methoden. Und so weiß man dann auch, was in dem steckt, was auf dem Tisch steht, denn die eigenen Schweine werden meist auch mit Mais gefüttert, den man selbst angebaut hat.
Von daher ist mit unserem ungarischen Gulasch noch alles in Ordnung. Kein BSE. Aber wie lange?
Bea Kemler
Martin Tóth
Gymnasium Tolnai Lajos
Gyönk/Ungarn
Qualitätsgarantie: Hausschlachtung im Hof der Autorin
Bea Kemler.
Foto: Gerald Hühner